„Goldener Herbst 2022“ – Festival der Kirchenmusik November-Gedenktage – eine kirchenmusikalische Interpretation in der Ökumene
Vom 23.10.2022 bis zum 13.11.2022 konnte nach einer dreijährigen der Pandemie geschuldeten Zwangspause das Festival der Kirchenmusik wieder in vollem Glanz ein anspruchsvolles Publikum in Lörracher und Schopfheimer Kirchen zum vierten Mal begeistern. Herbert Deininger, Kantor der ev. Kirche Lörrach, und Andreas Mölder, hauptamtlicher Kirchenmusiker der kath. Kirche in Lörrach und Schopfheim, stellten in ökumenischer Zusammenarbeit ein Programm zusammen, das die kirchlichen Trauertage im November mit Wärme, Hoffnung und musikalischer Innigkeit erfüllte. Dabei wurde das Thema der Jahreszeit in verschiedensten Stilrichtungen von Barock über Klassik bis Moderne aufgegriffen: als Höhepunkte die „Musikalischen Exequien“ von Heinrich Schütz und das „Requiem“ von Gabriel Fauré. Zwei ökumenische Gottesdienste mit Chören aus Faurés „Requiem“ umrahmten das Festival. Drei Wochen lang musizierten im Rahmen dieses Festivals Kinder, Jugendliche, erfahrene Solisten, Chöre und Instrumentalisten von regionalem und internationalem Rang miteinander in kleinen Ensembles oder mit großem Orchester. Das Jugendsymphonieorchester Basel unter der Leitung von Aurelia Weinmann-Pollak konnte ebenso gewonnen werden wie der Motettenchor Lörrach unter seinem neuen jungen Dirigenten Joss Reinicke in Begleitung des Münchener Barockorchesters „L’arpa festante“. Das Orgelkonzert des renommierten Freiburger Domorganisten Matthias Maierhofer begeisterte ebenso wie die „Musikalischen Exequien“ mit dem Solisten Ingo Schlüchtermann aus Heidelberg an der Viola da Gamba. Eine musikalisch-spirituelle Stunde in der nur mit Kerzen beleuchteten Bonifatiuskirche in Lörrach heiterte die Novemberstimmung auf. Die folgenden Programmpunkte geben einen Eindruck des Festivals: Ökumenischer Eröffnungsgottesdienst. Mit ausgewählten Chören aus Faurés „Requiem“ in der kath. Kirche St. Bonifatius erhielten die Besucher schon hier einen Eindruck vom Chorkonzert, das als Höhepunkt des Festivals zu erleben sein würde. |
Jugendsymphonieorchester trifft Orgel. Der Beginn des Festivals gehörte der Jugend. Junge musikbegeisterte Menschen – vom Grundschul- bis zum Studentenalter – entwickeln neben ihrer Ausbildung ihre Begabung in einem Orchester
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Liederabend. Das Duo Susanne Hagen, Sopran, und Herbert Deininger an der Orgel gestaltete in der Stadtkirche Lörrach einen Liederabend. Die Sopranistin mit einem weichen Timbre in ihrer Stimme und Herbert Deininger als einfühlsamer Interpret an der Orgel entführten das Publikum in eine sanfte sinnliche Stimmung, die das Leitmotiv des Festivals – Wärme, Hoffnung und musikalische Innigkeit – wunderbar prägten. Die Veranstalter hatten mit der Stadtkirche Lörrach einen idealen Raum für diesen Liederabend gewählt. Gesang und Orgelkonzert wechselten sich ab. Herbert Deininger spielte virtuos Vivaldi und Mendelssohn, Susanne Hagen interpretierte in Begleitung von Herbert Deininger an der Orgel klassische Lieder von Händel, Dvořák und Göttsche sowie Spirituals von Martin / Gabriel.
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Lux aeterna. Schon mit dem Titel „Lux aeterna“ spannte der Motettenchor sehr passend zum Thema des Kirchenmusikfestivals „Goldener Herbst“ einen Bogen von Dunkelheit und Traue r zum tröstenden Licht der Ewigkeit und der Sehnsucht nach einem Ort der Geborgenheit. Chorwerke von Mendelssohn, Schumann, Hindemith, Ešenvalds, Bach, Puccini, Brahms spiegeln das Thema über Jahrhunderte, vom Barock bis in die Gegenwart. Den Solopart übernahm Lena Geiger, die mit ihrem klaren Sopran hervorragend zur Stimmung passte. Der Chor verzichtete auf ein Orchester, was die Schlichtheit und Innigkeit des Gesangs noch betonte. Er ließ sich nur durch die Orgel, gespielt von Julian Beutmiller, und einer Bratsche begleiten. Julian Beutmiller studierte in Freiburg u. a. bei Matthias Maierhofer, der im Rahmen dieses Festivals ein Orgelkonzert gestaltete. Als Bratschistin spielte Anne Sophie van Riel, gebürtige Niederländerin, aus dem Kirchenschiff heraus und nahm dabei das Publikum mit in ein besonderes Klangraumerlebnis. Joss Reinicke, der den Motettenchor erst vor einem Jahr übernommen hatte, begeisterte mit seinem anspruchsvollen Programm in der voll besetzten Kirche St. Fridolin in Lörrach-Stetten ein Publikum, das dem Motettenchor stets mit sehr hohen Erwartungen begegnet. |
Orgelkonzert. Tradition des Festivals ist auch ein Orgelkonzert mit einem hochrangigen Solisten. Dafür konnte in diesem Jahr der Domorganist am Freiburger Münster und Prof essor für Orgel an der Musikhochschule Freiburg, Matthias Maierhofer, gewonnen werden. In der Kirche St. Bonifatius bespielte er die Orgel von Thomas Jann mit Werken von Bach, Franz Schmidt, Joseph Marx und Guy Bovet, der 2022 seinen 80. Geburtstag feierte. Er zog die Zuhörer in der voll besetzten Bonifatius-Kirche in Lörrach regelrecht in seinen Bann. |
Gottesdienst zu Allerseelen. Das Vokalensemble Cappella Leonis interpretierte unter der Leitung von Andreas Mölder geistliche Chormusik zu Tod, Trauer und Hoffnung mit Werken von Schütz und Taizégesängen. |
Ad noctem – Zur Nacht. Das Gemeindeteam St. Bonifatius mit Helga Bing und der Chor „Canto Allegro“ unter der Leitung von Andreas Mölder gestalteten eine musikalisch-sp irituelle Stunde bei Kerzenschein. Schon beim Betreten der Kirche St. Bonifatius wurde der Besucher aus dem trüben Novemberwetter von draußen in einen nur von Kerzen beleuchteten mystisch anmutenden Raum geführt. Andreas Mölder inszenierte mit seinem Chor „Canto Allegro“ und seiner Orgelmusik eine Meditation besonderer Art. Die Chormitglieder verteilten sich in der Kirche und versetzten so die Besucher in eine besondere klangfüllende Atmosphäre. Helga Bing las spirituelle Texte. Diese Mischung aus Gesang, Orgelmusik und Sprache versetzte die Zuhörer in eine warme mystische Stimmung, die zum Innehalten einlud. |
Musikalische Exequien von Heinrich Schütz – dargeboten in der kath. Kirche St. Josef in Lörrach-Brombach spiegelten das Leitthema des Festivals in einem geistlichen Konzert w ider. Mit den „Musikalischen Exequien“ von Heinrich Schütz – übersetzt „Musikalisches Hinausgeleiten“ –verwiesen die beiden Chöre eigentlich auf eine Begräbnisbegleitung zur Zeit des dreißigjährigen Krieges. Verluste durch Krieg und Krankheiten hinterließen in der Bevölkerung e ine Sehnsucht nach Trost. Schütz komponierte mit seiner Musik diesen Trost, der durch die Chöre unmittelbar und kunstvoll weitergetragen wurde. Auch Ingo Schlüchtermanns inniges Spiel auf der Viola da Gamba vermittelte diese Hoffnung auf Frieden und Sehnsucht nach Erlösung. Die Bündelung der beiden Kammerchöre „Viva Voce“, unter der Leitung von Herbert Deininger, und „Cappella Leonis“, unter der Leitung von Andreas Mölder, zeigte einmal mehr, dass Ökumene auch in der Musik aktiv gelebt werden kann. Herbert Deininger spielte virtuos aufheiternd auf der Orgel Rossinis Toccata, die durch ihre äußerst ausschweifende und kühne Harmonik besticht. |
Romantische Klänge aus Böhmen und Frankreich. Die „Romantischen Klänge aus Böhmen und Frankreich“ passten in die kleine ev. Kirche Rötteln, Lörrach, in der zum ersten Mal ein Kon zert zum „Goldenen Herbst“ gespielt wurde. Das Quartett „Vielsaitig“ mit den vier Streicherinnen Eleonore Indlekofer, Violine, Patricia Scrocco, Violine, Ursula Müller, Viola, und Anita Gwerder, Violoncello, trug die Zuhörer mit ihren Perlen der Quartettliteratur in eine Welt der Natur. Dvořáks Streichquartett F-Dur führte die Zuhörer zurück in den Sommer in eine Landschaft voller Naturstimmungen, Vogelgezwitscher und Sommerlaune. Das Streichquartett F-Dur von Ravel, das er als 28-Jähriger komponiert hatte, kontrastierte in seiner Klanglichkeit vom lyrisch Zarten zu impressionistischer Schönheit. Mit Kostproben einzelner Spieltechniken gab Ursula Müller vorab Einblicke in diese klanglichen Malereien. |
Requiem von Gabriel Fauré. Höhepunkt und Abschluss des „Goldenen Herbstes“ bildete das Requiem von Gabriel Fauré. Kein dramatisches „Dies Irae“, sondern ein Werk voll elegischer Sanftheit, eine Totenmesse voller Licht und Hoffnung. Eine Stimmung voller Trost und Sanftmut vermittelte der zusammengesetzte Chor den Zuhörenden in den voll besetzten Kirchen in Schopfheim und Lörrach. Das |
Ökumenischer Abschlussgottesdienst. „Cappella Leonis“ und „Viva Voce“ – hier unter der Leitung von Andreas Mölder – sangen gemeinsam Werke von Schütz u.a..
Der „Goldene Herbst“ vermittelte in diesen drei Wochen der Jahreszeit entsprechend eine Stimmung, die nach innen gerichtet war. Gerade das Zarte und Ruhige verlangt bei der Chorarbeit aber ein besonders hohes Maß an Präzision. Mit Akribie und Einfühlungsvermögen hatten die beiden Dirigenten Deininger und Mölder nach dreijähriger, Corona bedingter Zwangspause den gemeinsamen Chor als Einheit wieder aufgebaut. Ein solches Festival verlangt von allen Beteiligten ein hohes Maß an Engagement. Deshalb soll die Folgeveranstaltung in einem solchen Rahmen erst in zwei Jahren wieder stattfinden.
Mechthild Rosenkranz, Lörrach |